Rechstanwältin Patricia Stark
Fachanwältin für Familienrecht      Fachanwältin für Strafrecht



Aktuelles zum Familienrecht

Stand Dezember 2024


I. Aktuelle Unterhaltstabellen

Die Düsseldorfer Tabelle 2025 finden Sie hier:

https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2025/index.php

Die alte Düsseldorfer Tabelle 2024 und deren Leitlinien finden Sie hier:

https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2024/index.php


Bitte beachten Sie die aktuellen Leitlinien jeweils in Ihrem Gerichtsbezirk.


Leitlinien des Kammergerichts: https://www.berlin.de/gerichte/was-moechten-sie-erledigen/familiensachen/unterhaltsrechtlleitlinienkg_2024.pdf?ts=1703170594


Leitlinien des OLG Brandenburg:  https://www.nomos.de/wp-content/uploads/2024/02/OLG-Brandenburg-Unterhaltsrechtliche-Leitlinien-2024.pdf



II. neue Entscheidungen


BGH: Selbstbehalt beim Elternunterhalt
Überschreitet das unterhaltspflichtige Kind die Jahreseinkommensgrenze des § 94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII, gehen nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut die gesamten Unterhaltsansprüche des Elternteils nach § 94 Abs. 1 SGB XII auf den Sozialhilfeträger über (und nicht nur der Teil, der sich auf das über 100.000 Euro liegende Einkommen bezieht). Hätte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt, hätte er dies anordnen können, wovon er aber abgesehen hat. Jeder Einkommensgrenze ist immanent, dass die Normadressaten, die sie (knapp) verfehlen, dadurch von einer gewissen Härte betroffen sind. Eine darüberhinausgehende Härte beim Unterhaltsrückgriff auf besonders gutverdienende Kinder hat der Bundesgerichtshof auch in den sogenannten Geschwisterfällen verneint.
Beschl. v. 23.10.2024 (XII ZB 6/24)

BGH: Gutachten bei Unterbringung
a) In Verfahren, die die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Kindes betreffen, welches das 14. Lebensjahr vollendet hat, ist das nach § 321 Abs. 1 FamFG eingeholte Sachverständigengutachten mit seinem vollen Wortlaut dem Betroffenen im Hinblick auf seine Verfahrensfähigkeit (§ 167 Abs. 3 FamFG) grundsätzlich rechtzeitig vor dem Anhörungstermin zu überlassen, um ihm Gelegenheit zu geben, sich zu diesem und den sich hieraus ergebenden Umständen zu äußern.
b) Von der Bekanntgabe des Sachverständigengutachtens kann in diesen Verfahren unter den Voraussetzungen des § 164 Satz 2 FamFG abgesehen werden. Dem Kind ist dann jedoch der Inhalt des Gutachtens entsprechend seinem Alter und Entwicklungsstand durch den Verfahrensbeistand mitzuteilen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18. Juli 2012 – XII ZB 661/11).
Besch. v. 9.10.2024 – XII ZB 253/24

BGH: Online-Eheschließung
Geben Verlobte die Eheschließungserklärungen in Deutschland ab, handelt es sich um eine Eheschließung im Inland und kann die Ehe daher nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Eine Eheschließung durch von Deutschland aus per Videotelefonie vor einem Trauungsorgan im Ausland (hier: Behörde in Utah/USA) abgegebene Erklärungen ist unwirksam (Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 29. September 2021 – XII ZB 309/21).
Beschl. v. 25.9.2024 (XII ZB 244/22)
BGH: Dolmetscherkosten des Verfahrensbeistandes
Die Vergütung des Verfahrensbeistands ist in § 158 c Abs. 1 FamFG abschließend dergestalt geregelt, dass seine Tätigkeit einschließlich sämtlicher Aufwendungen durch die vorgesehenen Fallpauschalen vollständig abgegolten wird; das gilt auch hinsichtlich seiner Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Dolmetschers zur Kommunikation mit den Verfahrensbeteiligten (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 9. Oktober 2013 – XII ZB 667/12). Die Aufwendungen für einen vom Verfahrensbeistand in Anspruch genommenen Dolmetscher sind mangels gesetzlicher Grundlage auch dann keine Kosten des gerichtlichen Verfahrens, wenn das Gericht dem Verfahrensbeistand die Hinzuziehung des Dolmetschers gestattet hat.
Beschl. v. 25.9.2024 (XII ZB 110/23)

BGH: Auskunftserteilung und Belegvorlage
Eine vom Auskunftspflichtigen erstellte Liste, in der zu einem Stichtag noch offene Forderungen ausgewiesen sind, ist Bestandteil der Auskunftsverpflichtung nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB und kein Beleg im Sinne von § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Beschl. v. 25.9.2024 (XII ZB 508/23)

OLG Bamberg: Nebenklage des minderjährigen Kindes gegen Elternteil
a) Im Einzelfall können nicht nur hinsichtlich des wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil des Kindes angeklagten sorgeberechtigten Elternteils, sondern auch bezüglich des mitsorgeberechtigten anderen Elternteils wegen erheblichen Interessengegensatzes die Voraussetzungen des § 1789 Abs. 2 S. 4 BGB gegeben sein (im Anschluss an und in Ergänzung zu Senat, 16.03.2020 – 2 UF 27/20).
b) Dies kann etwa vorliegen, wenn der angeklagte Kindsvater erstinstanzlich freigesprochen wurde, das mit dem Tatvorwurf konfrontierte jugendliche Kind in einem eventuellen Berufungsverfahren Angaben machen und mit dem angeklagten Kindsvater Umgang haben will und ein Nebenklageinteresse selbst nicht bekundet, die Kindsmutter aber im Strafverfahren umfangreich zur Fehlerhaftigkeit des freisprechenden Urteils und der Erforderlichkeit der Berufungseinlegung vorträgt und die Durchführung des Berufungsverfahrens eine erhebliche Belastung des Kindes durch eine dann erforderliche Begutachtung desselben erwarten lässt, was der Kindsmutter bewusst ist.
Beschl. v. 20.11.2024 (2 WF 121/24)

OLG Karlsruhe: Unterbliebene Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens in Kindschaftssache
a) Die Familiengerichte sind aufgrund ihrer Pflicht zur Gewährleistung eines effektiven Grundrechtsschutzes und ihrer Amtsermittlungspflicht gehalten, den Sachverhalt in Kindschaftssachen dergestalt zu ermitteln, dass eine möglichst zuverlässige Tatsachengrundlage für eine am Wohl des Kindes orientierte Entscheidung vorliegt.
b) Bei Entscheidungen von großer Tragweite, insbesondere bei der existenziellen Frage des Aufenthalts des Kindes, kann die Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens erforderlich sein. Hat das Amtsgericht die fragliche Erziehungseignung des Vaters nicht näher aufgeklärt und bedarf es hierzu der Einholung eines Sachverständigengutachtens, kann auf Antrag gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG die Aufhebung und Zurückverweisung geboten sein.
Beschl. v. 30.10.2024 (20 UF 63/24)
OLG Karlsruhe: Verfahrenskostenhilfe im Kinderschutzverfahren
Verfahrenskostenhilfe für ein (erstmaliges) förmliches Überprüfungsverfahren in einer Kinderschutzsache nach § 166 Abs. 2 FamFG kann den Eltern nur dann versagt werden, wenn es sich um einen einfachen Sachverhalt handelt und keine Anhaltspunkte für eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse bestehen.
Beschl. v. 24.10.2024 (5 WF 107/24)

OLG Jena: Mündliche Erörterung
Die mündliche Erörterung in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit steht der mündlichen Verhandlung in ZPO-Verfahren gebührenrechtlich nicht gleich. Eine (fiktive) Terminsgebühr nach Nr. 3104 (1) Nr. 1 VV-RVG fällt nicht an, wenn das Verfahren nach gerichtlich gebilligter Elternvereinbarung ohne mündliche Erörterung beendet wird.
Beschl. v. 24.10.2024 (3 WF 213/24)

OLG Braunschweig: Verfahrenswert für Genehmigung der schenkweisen Übertragung mehrerer Geschäftsanteile
Der in § 36 Abs. 3 FamGKG geregelte Höchstwert bezieht sich auf das gesamte gerichtliche Verfahren, mithin im Falle mehrerer Verfahrensgegenstände auf deren zusammengerechneten Wert.
Beschl. v. 21.10.2024 (1 WF 98/24)

OLG Frankfurt/M: Versorgungsausgleich – Beschwerdeberechtigung des Versorgungsträgers
Bei einem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unter den früheren Ehegatten nach § 20 VersAusglG ist der Versorgungsträger hinsichtlich des Zahlungsausspruchs nicht in eigenen Rechten betroffen und daher nicht beschwerdebefugt. Anderes gilt (entgegen bisher h.L.) hinsichtlich der Anordnung der Abtretung der Ansprüche des Ausgleichspflichtigen gegen den Versorgungsträger, dem damit ein zweiter Gläubiger gegenübersteht. § 21 Abs. 3 VersAusglG stellt klar, dass der schuldrechtliche Versorgungsausgleich höher eingestuft wird als etwaige Schutzvorschriften, die eine Übertragung und Pfändbarkeit von laufenden Versorgungen verbieten (Fortführung BGH v. 27.2. 2019 – XII ZB 183/16).
Besch. v. 14.10.2024 (4 UF 173/23)

OLG Karlsruhe: Grundrentenentgeltpunkte
a) Zwischen Grundrentenentgeltpunkten und übrigen Entgeltpunkten besteht auch nach der zum 01.07.2024 in Kraft getretenen Neuregelung des § 120f SGB VI weiterhin keine Gleichartigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG.
b) Der Entfall des bisherigen § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI beruht auf einem gesetzgeberischen Versehen.
Beschl. v. 8.10.2025 (18 UF 131/24)

OLG Frankfurt/M: Umgangsrecht der ehemaligen Pflegeeltern
Ehemaligen Pflegeeltern, bei denen das Kind seit seiner nach der Geburt erfolgten Inobhutnahme über fünf Jahre gelebt hat, kann ein Umgangsrecht nach § 1685 Abs. 2 BGB auch dann zustehen, wenn seit der Herausnahme aus dem Haushalt der Pflegeltern und dem Wechsel des Kindes in eine neue Pflegestelle ein Zeitraum von einem Jahr ohne Kontakte zu dem Kind vergangen ist. An der Kindeswohldienlichkeit des Umgangs mit den vormaligen Pflegeeltern fehlt es jedoch, wenn diese den Aufenthalt des Kindes in der neuen Pflegefamilie nicht akzeptieren und ihrerseits die Rückführung des Kindes in ihren Haushalt anstreben.
Beschl. v. 26.9.2024 (6 UF 137/24)

AG Siegmaringen: Geringfügige Anrechte
a) Ein sog. Splitteranrecht entsteht nicht, wenn die Versorgungsausgleichskasse (§ 15 Abs. 5 S. 2 VersAusglG) – bei beantragter externer Teilung – die Möglichkeit der Abfindung nach § 5 Abs. 1 S. 3 VersAusglKassG hat.
b) Die Prüfung der Geringfügigkeit i.S.d. § 18 Abs. 2, 3 VersAusglG ist für jedes einzelne Anrecht vorzunehmen und nicht für die Summe der Anrechte.
c) Hat ein ausgleichspflichtiger Ehegatte mehrere Anrechte, die für sich betrachtet geringfügig i.S.d. § 18 Abs. 3 VersAusglG sind und in der Summe der Ausgleichswerte aber den Grenzwert überschreiten, so gebietet der Halbteilungsgrundsatz eine Teilung auch dieser geringfügigen Anrechte, wenn diese geringfügigen Anrechte insgesamt einen erheblichen Wert haben. Ein solcher erheblicher Wert liegt vor, wenn die Ausgleichswerte zu diesen geringfügigen Anrechten insgesamt (ca.) 20% aller Ausgleichswerte des ausgleichspflichtigen Ehegatten betragen. Ein geringfügiger Verwaltungsaufwand bei Teilung sowie das Entstehen von Splitteranrechten steht der Teilung dann nicht entgegen.
Beschl. v. 15.10.2024 (2F57/24)

VG Hamburg: Berücksichtigung einer einmaligen anlassbezogenen Zuwendung beim BAföG
Eine Überweisung des Vaters in Höhe von 10.000 Euro anlässlich des 18. Geburtstags einer Studentin stellt im vorliegenden Fall keine (zusätzliche) Unterhaltsleistung im Sinne des § 36 Abs. 1 BAföG, sondern eine Schenkung dar. Der Betrag wird als Vermögen der Studentin berücksichtigt.
Urt. v. 16.9.2024 (2 K 5648/23)