BGH: Rechtsmittelfrist bei unzuständigem Gericht Ein elektronisch beim unzuständigen Gericht eingegangener Schriftsatz wahrt die Rechtsmittelfrist auch dann, wenn dieser bei einer postalischen Übersendung an das zuständige Rechtsmittelgericht dort innerhalb der noch offenen Rechtsmittelfrist eingeht (im Anschluss an Senatsbeschluss BGHZ 242, 112). Beschl. v. 9. April 2025 (XII ZB 163/24)
BGH: Abänderung des Versorgungsausgleichs nach Tod Im Verfahren auf Abänderung des Versorgungsausgleichs nach Tod eines Ehegatten sind gemäß § 88 Abs. 2 SGB VI die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten nur dann für die Bewertung des Anrechts maßgebend, wenn ein neuer Rentenbezug spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach Ende des Bezugs der Versichertenrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfolgt (Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 23. August 2023 - XII ZB 202/22). Beschl. v. 2. April 2025 (XII ZB 576/24)
BGH: Herabsetzung des Selbstbehaltes Zur Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts eines auf Kindesunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltsschuldners wegen Haushaltsersparnissen und Synergieeffekten durch das Zusammenleben mit einem neuen Lebensgefährten (Fortführung des Senatsurteils vom 9. Januar 2008 – XII ZR 170/05). Beschl. v. 26. März 2025 (XII ZB 388/24)
BGH: Sorgerecht und Umgang Sorgerecht und Umgang stellen unterschiedliche Verfahrensgegenstände dar, die nach der eindeutigen gesetzlichen Konzeption in eigenständigen Verfahren zu behandeln und zu entscheiden sind (Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 27. November 2019 – XII ZB 512/18 - und vom 19. Januar 2022 – XII ZA 12/21). Schon wegen der Verschiedenheit der Verfahrensgegenstände kann eine gerichtlich gebilligte Umgangsregelung einer Sorgerechtsregelung nicht entgegenstehen oder dieser vorgreiflich sein. Beschl. vom 5. März 2025 (XII ZB 88/24)
OLG Karlsruhe: Einbenennung eines Kindes nach neuem Recht Nach der seit dem 01.05.2025 geltenden Regelung des § 1617e Abs. 2 Satz 2 BGB bedarf es für die Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils in die Einbenennung eines Kindes lediglich einer Abwägung der widerstreitenden Interessen. Für die Ersetzung genügt nunmehr ein einfaches Überwiegen der Interessen, die für eine Einbenennung streiten. Beschl. vom 30. Mai 2025 (5 WF 4/25)
OLG Nürnberg: Häusliche Gewalt Ein Elternteil, der sich im Verfahren der elterlichen Sorge auf das Vorliegen von häuslicher Gewalt beruft, muss sich für die Frage, ob sein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, nicht auf eine vom anderen Elternteil erteilte Sorgerechtsvollmacht verweisen lassen, wenn diese ohne seine Mitwirkung und ohne die Möglichkeit, die häusliche Gewalt einzuwenden, erteilt wurde. Ohne Aufklärung der geschilderten häuslichen Gewalt kann eine verpflichtende Verweisung auf Beratungsverfahren zumindest im Stadium der Verfahrenskostenhilfe nicht erfolgen. In diesem Zusammenhang ist Art. 48 der Istanbul Konvention zu berücksichtigen, der alternative Streitbeilegungsverfahren jeder Art bei Vorliegen häuslicher Gewalt verbietet. Beschluss v. 8. Mai 2025 (11 WF 402/25)
OLG Karlsruhe: Zwischenstreit über Duldungspflicht einer Abstammungsuntersuchung Es besteht keine Verpflichtung zur Duldung einer genetischen Abstammungsuntersuchung, falls bereits im Fall der Durchführung eines Vaterschaftsgutachtens unter Berücksichtigung der aus kulturell-religiösen Gründen einzuhaltenden Regeln (hier: jesidischer Glaube) im Einzelfall für die Mutter die ernstzunehmende Gefahr eines erheblichen gesundheitlichen Schadens bis hin zur Tötung besteht. Beschl. v. 6. Mai 2025 (2 WF 62/24)
OLG Karlsruhe: Berücksichtigung von Naturalunterhalt bei der Leistungsfähigkeit im paritätischen Wechselmodell Wird ein Kind im Wege eines paritätischen Wechselmodells betreut, besteht hinsichtlich eines auf die Zahlung von Barunterhalt gerichteten Kindesunterhaltsanspruchs keine Leistungsfähigkeit, wenn dem Elternteil nach Abzug seines eigenen Selbstbehalts weniger als die Hälfte des sozialrechtlichen Regelsatzes für das Kind verbleibt. Jeder Elternteil darf die bei ihm anfallenden Kosten für das Kind - zumindest in Höhe des hälftigen sozialrechtlichen Regelsatzes - vorrangig durch Naturalunterhaltsleistungen decken. Beschl. v. 30. April 2025 (5 UF 49/23)
OLG Frankfurt/M: Vaterschaftsanfechtung: Unzulässige Bestellung eines Ergänzungspflegers Die mitsorgeberechtigte, mit dem Kindesvater nicht verheiratete Mutter ist in einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren nicht von der Vertretung des antragstellenden Kindes ausgeschlossen. Die Bestellung eines Ergänzungspflegers ist insoweit unzulässig. Bestellt der Rechtspfleger gleichwohl einen Ergänzungspfleger und erklärt dieser, die Vaterschaft im Namen des Kindes nicht anfechten zu wollen, ist die Mutter gegen die richterliche Entscheidung, die Pflegschaft sei nach § 1812 Abs. 2 BGB beendet, nicht beschwerdeberechtigt. Bei gemeinsamem Sorgerecht obliegt die Entscheidung über das "Ob" der Vaterschaftsanfechtung den Eltern und es bedarf im Falle fehlenden Konsenses grundsätzlich einer Entscheidung des Familiengerichts nach § 1628 BGB. Ist die Anfechtungsfrist von § 1600b Abs. 1 BGB für den das Kind vertretenden Elternteil bereits abgelaufen, wird sein Wissen dem antragstellenden Kind nach § 166 Abs. 1 BGB zugerechnet. Beschl. v. 30. April 2025 (6 UF 72/25)
OLG Frankfurt: Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB Ein Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB besteht nicht, wenn sich die betroffene 16-jährige Jugendliche, die nie Kontakt zu ihrem Vater hatte, nachhaltig und autonom gegen die Erteilung von Auskünften über ihre persönlichen Verhältnisse ausgesprochen hat und sich auf die Wahrung ihres Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrechts beruft. Bestehen bereits hinreichende Erkenntnisse über die familiären Verhältnisse und den Willen der betroffenen Jugendlichen, kann für den Antragsteller Verfahrenskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht seines Antrages zu versagen sein. Beschl. v. 30. April 2025 (6 WF 48/25)
OLG Braunschweig: Abänderung einer Sorgerechtsentscheidung Einem Antrag auf Abänderung einer nach § 1671 BGB ergangenen Entscheidung kommt im Hinblick auf die Führung des Verfahrens nach § 1696 Abs. 1 BGB ermessensreduzierende Wirkung zu. Das Familiengericht ist im Ausnahmefall befugt, einen Abänderungsantrag ohne Durchführung der in Kindschaftsverfahren vorgesehenen Verfahrenshandlungen zurückweisen. Ein solcher Fall liegt vor, wenn das Abänderungsbegehren offensichtlich von vornherein aussichtslos ist und zudem bereits die Durchführung des Verfahrens als solche dem Kindeswohl abträglich wäre. Beschl. vom 27. April 2025 (1 UF 48/25)
OLG Frankfurt/M: Versorgungsausgleich – Gleichartigkeit von VBL- und KZVK-Anrechten Anrechte gleicher Art im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG, die ein Ehepartner hält, können im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG addiert werden, bevor die Wertdifferenz zu den Anrechten, die der andere Ehepartner hält, ermittelt werden. Anrechte bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) und Anrechte bei der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbands der Diözesen Deutschland (KZVK) sind im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG gleichartig. Eine (potenziell) unterschiedliche Besteuerung in der Leistungsphase ist für die Frage der Gleichartigkeit angesichts der für diese Besteuerung maßgebliche individuellen Merkmale beim Steuerpflichtigen unerheblich. Der korrespondierende Kapitalwert für ein ausgleichendes Anrecht ist nach § 47 Abs. 4 S. 2 VersAusglG für die Bagatellprüfung nach § 18 VersAusglG grundsätzlich ohne Teilungskosten darzustellen, er unterscheidet sich nämlich nicht je nach interner Teilung (mit Teilungskosten) oder externer Teilung (ohne Teilungskosten). Beschl. v. 25. April 2025 (7 UF 127/24)
OLG Karlsruhe: Streitige Kostenentscheidung nach Unterhaltsvergleich Bei einer streitigen Kostenentscheidung gemäß § 243 FamFG nach streitloser Erledigung eines Unterhaltsverfahrens ist von dem Grundsatz der Kostenaufhebung nach dem Rechtsgedanken des § 98 ZPO nicht allein deshalb abzuweichen, weil sich ein Beteiligter im Vergleich stärker in die Rolle des Unterlegenen begeben hat. Beschl. v. 16. April 2025 (5 WF 1/25)
OLG Frankfurt/M.: Beendigung einer Umgangssache In einer den Geschwisterumgang nach § 1685 Abs. 1 BGB betreffenden Umgangssache kann das Verfahren nicht durch Antragsrücknahme beendet werden. Nimmt der Umgangsberechtigte ernsthaft und endgültig Abstand von seinem Umgangsbegehren, ist das Verfahren durch die Feststellung zu beenden, dass eine gerichtliche Umgangsregelung nicht veranlasst ist, soweit nicht zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung ein Ausschluss des Umgangs erforderlich ist. Beschl. v. 11. April 2025 (6 UF 28/25)
OLG Nürnberg: Kündigung eines Schulvertrages Ein von gemeinsam sorgeberechtigten Eltern mit einer Privatschule abgeschlossener Vertrag über den dortigen Schulbesuch des minderjährigen Kindes kann bei fortbestehender gemeinsamer elterlicher Sorge gegenüber der Schule nur von beiden Elternteilen gemeinsam gekündigt werden. Der mittlerweile nicht mehr sorgeberechtigte Elternteil kann von dem Sorgerechtsinhaber nicht gegen dessen Willen die Mitwirkung an der Kündigung des Schulvertrages verlangen. Beschluss v. 10. April 2025 (10 UF 1180/24)
OLG Braunschweig: Ausschluss des Versorgungsausgleichs im Härtefall Ein ganzer oder teilweiser Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist nach der Härteklausel des § 27 VersAusglG als Gerechtigkeitskorrektiv in Betracht zu ziehen, wenn die Umstände des Einzelfalls es ausnahmsweise rechtfertigen, von dem Grundgedanken der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten an allen während der Ehezeit geschaffenen Vermögenswerten abzuweichen. Beschl. vom 25. März 2025 (13 UF 101/24)
OLG Oldenburg: Unbilligkeit beim Versorgungsausgleich Der Ausgleich einer Privatvorsorge wegen Invalidität/ private Berufsunfähigkeitsversicherung bei Ehescheidung findet in Fällen grober Unbilligkeit nicht statt. Das kann der Fall sein, wenn der andere Ehegatte ebenfalls eine Invaliditätsversorgung erhält, die jedoch - wie beispielsweise eine gesetzliche Unfallversicherung - nicht unter den Versorgungsausgleich fällt. Beschl. vom 24. März 2025 (3 UF 108/23)
OLG Hamm: Aufhebung und Zurückverweisung Geht eine Kindeswohlgefährdung i. S. d. § 1666 BGB für ein im Haushalt seiner Eltern lebendes Kind von beiden Eltern aus, kommt eine Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht wegen unzulässiger Teilentscheidung gem. § 69 Abs. 1, S. 2 FamFG auch dann in Betracht, wenn dieses in Unkenntnis des Bestehens der gemeinsamen elterlichen Sorge lediglich dem von ihm für alleinsorgeberechtigt angesehenen Elternteil gem. § 1666 BGB die elterliche Sorge oder Teile derselben entzogen hat und eine Entscheidung über den Entzug der elterlichen Sorge oder Teile derselben hinsichtlich des anderen – mitsorgeberechtigten – Elternteils nicht getroffen hat. Beschl. vom 6. März 2025 (5 UF 210/24)
KG Berlin: Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft Die Regelung in § 1597a Abs. 3 BGB, wonach die Anerkennung einer Vaterschaft nicht wirksam beurkundet werden soll, wenn eine zuvor beabsichtigte Beurkundung wegen des Verdachts einer missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft gemäß 1597a Abs. 2 BGB ausgesetzt worden ist, findet auch Anwendung, wenn die Vaterschaft während eines noch laufenden Prüfverfahrens gem. § 85 AufenthG durch eine dritte Person anerkannt werden soll. Eine gleichwohl erfolgte Anerkennung ist nach § 1598 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Beschl. vom 4. März 2025 (1 W 112/25)
AG Frankenthal: Rücksichtslose Teilungsversteigerung Es ist unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu ermitteln, ob das Betreiben der Teilungsversteigerung durch einen Ehegatten gegenüber dem anderen Ehegatten rücksichtslos ist. Bei der umfassenden Würdigung aller konkreten Einzelumstände sind nicht nur die Vermögensinteressen, sondern auch die sonstigen berechtigten Interessen der geschiedenen Ehegatten, insbesondere das Wohl der gemeinsamen Kinder zu berücksichtigen. Beschl. v. 24. März 2025 (5 K 13/24)
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